Mittland 2 by Ferkau Volker

Mittland 2 by Ferkau Volker

Autor:Ferkau, Volker [Ferkau, Volker]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: ls ebook
veröffentlicht: 2013-11-24T23:00:00+00:00


21

Ma’murd el Shakira, der Lessan der ‚Fardas‘, war aufgebracht. Bob sah es in den dunklen Augen des exotisch anmutenden Mannes. Zwar war er gelassen in das Gästezelt getreten und seine Bewegungen wirkten kontrolliert, doch hinter der Stirn schienen sich graue Wolken zu türmen. Seine Lippen bebten beherrscht, als er mit sanfter Stimme sagte: »Ihr seid unhöflich. Ihr verlasst den Exekutionsplatz und verweigert dem Delinquenten das Recht auf seine letzte Ehre. Ihr habt die Gastpflichten entweiht.«

Bob straffte sich. Er hatte nicht vor, sich wie ein Kind behandeln zu lassen. »Das mag sein, Lessan. Aber wir sind solche abscheulichen Dinge nicht gewohnt. Was man dem armen Mann angetan hat, spottet jeder Beschreibung und ist an Grausamkeit kaum zu überbieten. Außerdem bin ich sicher, dass Ihr uns wie Gefangene und nicht wie Gäste behandelt. Das ist, um bei Eurem Beispiel zu bleiben, eine Entweihung der Gastfreundschaft.«

Bama musterte Bob von der Seite und ihre Lippen kräuselten sich. Laryssa blickte von ihrer Meditation auf.

Ma’murd lächelte schief. »Ich wünsche, dass Ihr mir das Ei übergebt. Wir hätten es uns nehmen können, Häuptling.«

»Und wenn ich nicht zustimme?«

Ma’murds Mund wurde schmal wie eine Messerklinge. »Dann nehmen wir es uns, Entweihung der Gastfreundschaft oder nicht. Wir benötigen es und Ihr habt es. So einfach ist das!«

»Aha – Ihr nehmt Euch, was Ihr wollt?«, echote Bob überflüssigerweise. Man sah ihm seinen Zorn an.

Ma’murds Augen wurden hart, wie Edelsteine, und seine Wangenknochen pochten. »Ihr wisst, warum wir das Ei benötigen. Und Ihr wisst, dass es die Rettung für Mittland ist. Nur so kann das Kind der Sonne aus seinen Spiegelbildern wachsen und gegen Sharkan, den Schwarzen Vierköpfigen antreten. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Unsere Seher warnen lauter denn je.«

»Und wie wollt Ihr den Drachen schlüpfen lassen?«, fuhr Laryssa dazwischen. Bob hatte nicht mitbekommen, dass sie aufgestanden war. Nun baute sie sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor dem Lessan auf, selbstbewusst und provokant. »Ihr werdet das Ei bekommen, ohne es Euch mit Gewalt nehmen zu müssen. Wir verstehen Eure Beweggründe, und falls sie der Wahrheit entsprechen, wäre es unverantwortlich, wenn wir uns dem verschließen. Was mein Freund, der Häuptling der Barbs, sagen will, ist, dass Ihr unser Eigentum fordert, ohne das Recht dazu zu haben. Ihr habt unser Leben gerettet und dafür danken wir Euch, aber nun fühlen wir uns eingesperrt und von dieser grauenhaften Exekution überfordert. Wir hassen unnötige Grausamkeiten und halten sie für unzivilisiert.«

Der Lessan wich einen Schritt zurück, und tatsächlich zog ein Hauch Traurigkeit über sein Gesicht. »Unzivilisiert? Ich wollte Euch nicht verletzen, das müsst Ihr mir glauben, schöne Amazone.«

Sie schob das Kinn vor. »Nennt mich Laryssa, schließlich nenne ich Euch auch nicht großer Dunkler oder so ähnlich.«

Ma’murd rieb sein Kinn und schmunzelte. »Mm … Ein guter Einwand, schö … Laryssa. Alle Einwände sind verständlich, trotzdem halte ich die Zeit für gekommen, mit dem Geschwätz aufzuhören. Wir müssen handeln. Jetzt und hier!«

»Dann sagt mir abschließend, warum Ihr so in Eile seid?«, fragte Laryssa kühl. »Wäret Ihr uns nicht begegnet, hättet Ihr das Ei nie gefunden. Was wäre dann geschehen?«

»Das Ende von Mittland«, sagte der Lessan dumpf.



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